Mittwoch, 25. September 2013

http://exileheit.tumblr.com/

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Mittwoch, 5. September 2012

Ich und die Frau, die an grenzenlosem Wachstum leidet, nehmen parallel eine Schmerztablette ein. Sie aber eine Ibuprufen, weil sich Acetylsalizylsäure nicht mit ihren anderen Medikamenten verträgt. Sie hat Wirtschaft studiert und ist riesengroß. Sie könnte mich unter Umständen einfach so kaputtmachen, nicht mal prügeln müsste sie dafür, aber sie lächelt mich ein bisschen verlegen an. Worüber sie dann unsicher wird kann ich nicht einschätzen. Vielleicht rechnet sie auch nur wieviel größer sie wohl als ich ist. In Prozent oder so. Es wird viel sein, ich bin winzig. Würde sie diese Hemmer nicht einnehmen, das erzählt mir eine Kollegin, die den Rauch ihrer Zigarrette schief ausbläßt, und steil nach oben, würde sie  immer weiter wachsen und dann innerlich verglühen. So formuliert das die Kollegin. Wegen der hohen Temperaturen die das Wachstum im Fleisch schürt. Ich finde das unglaublich.

Julia sitzt neben mir und ich schaue von sehr nah in ihr Gesicht, das ich schon lange kenne fällt mir auf. Früher hatte sie oft Bauchweh wegen mir, das hat sie mir vor ein paar Monaten erst gestanden. Sie sei damals insgesamt sehr unsicher gewesen, und dann war ich noch so viel jünger als sie und immer so plötzlich und laut. Ich bin ganz drinnen eigentlich meist ruhig, ganz tief drin ist was gutes, das ich selbst nicht anfassen kann, so kann ichs auch nicht schlimm verwirren, was wiederum ganz gut ist. Sie bestellt mir einen Wein, dann noch einen. Manchmal schwillt das auf einmal und dann fiebert es mich, sowie heute. Glaubst du mir das? Und sie fragt ob das da vorne dieses Rad sei, und ich sage »Ja«, so wie sie eben. Und dann fahr ich viel zu schnell dafür, dass ich soviel getrunken habe. Ich habe vergessen oder nie gewusst, dass Julia tatsächlich eine Freundin ist.

Ich habe fast nicht überlegt und auch viel gewusst. Es ist warm und wir sitzen auf dem Treppenaufgang zwischen den Strassen. Aber die Gelegenheiten. Wir zeigen uns in Bildern wo wir überall waren. Guck mal hier, da hab ich noch an dich gedacht. Oder hier das, das fand ich auch merkwürdig. Ja und Ja. Diese Ahnung wickelt sich nun knieabwärts um meine Knochen, Stränge davon reichen bis auf die Stufen. Vom Wuchern erschöpft und zärtlich fast hin zum Gehsteig. Würden wir  uns jetzt nur ein wenig weiter nach vorne beugen, könnten wir echtes Mondlicht sehen. Ich erzähle dann unter anderem von der Frau mit dem grenzenlosen Wachstum. Er legt seinen Kopf auf meine Schulter und ich rieche an seinen Haaren. Ich sage: Ich war noch nie so müde. Und das stimmt, wie immer wenn ich das sage. Du hast mir sehr gefehlt, das weiß ich jetzt.



Samstag, 25. August 2012

In Arkadien

Marmorbunte Taschen. Kies unter Zungen. Geld vorm Geschlecht.
In den Kabinen singen: gewaltbereite Smileys.
In Arkadien – wo Handcreme fliesst, kein W-Lan.
Wühltische unter Häuten und glänzenden Stoffen.
In den Wassern spiegeln müde Rücken sich und Kinder.
Bildertrübe Schädel auf neue Marken taufen
in den flachen Becken. Sirup-Mandel-Topping.
Jede Letter meint uns, bis 22 Uhr.
Die Alten und die Kranken. Die immerbunten Länder.
Preisschildloses Grausen bis 22 Uhr noch.
Speiseeisverhangen. Himmel hinter Glas. Gewaltbereite Smileys.





Freitag, 24. August 2012

Zwischen dem Wohnzimmer und der Küche war der Helligkeitsunterschied schon sehr groß. Das Küchenfenster lag zum Süden hin, zum Garten. Nein, es liegt immer noch so. Das gibt es ja noch alles, das dauert ja noch. Jedenfalls, im Wohnzimmer ist es immer schummerig, weil die Fenster zum Norden und zur Strasse hin liegen. Die Hauswand im Osten wurde wohl als erste verschiefert, das muss lange her sein und war witterungsbedingt. Danach das ganze Haus in die Schiefern. Also: im Wohnzimmer war es immer dunkel und in der Küche dagegen war es eher sehr hell. Wenn also meine Oma und ich am Wohnzimmertisch saßen, immer jeder auf dem gleichen Platz, dann hörte ich links die Autos der Strasse, das Schlagen der Kirch-Uhr, und wenn das nicht war dann das Echo eines Geräusches das im Raum entstand. Zum Beispiel Geschirr auf Geschirr oder wenn einer mal lauter als gewöhnlich sprach, wenn meine Mutter lachte. Rechts fiel das Licht aus dem Garten in die Küche und dann ins Wohnzimmer. Geräusche die kleiner waren, und trockener und wärmer  – das Reiben von Stoff auf Stoff, wie zum Beispiel die Ärmel meiner Oma auf dem Tischtusch – die kamen immer von vorne. Ich saß ihr meist gegenüber, im Wohnzimmer immer. In der Küche hatten wir andere Plätze, die sich auch alle erklären lassen. Die Oma saß immer so, dass sie an alle Sachen drankam. Also richtete sich ihr Platz nach den Schränken. Unter den anderen wurden dann die übrigen Plätze verteilt. Ruhig und für fast immer. Immer gibt es nicht, damit meint man nur sehr lange.

Als der Platz meines Großvaters frei wurde, setzte sich zunächst mein großer Bruder dahin, bis er ausgezogen war nämlich. Sonst eine Tante, wenn zu Besuch. Die Küche ist komplett hellblau eingerichtet, auch in den Textilien ist immer irgendwas blaues. Wir Jüngeren saßen also auf der Eckbank, bis die Älteren seltener kamen und wir zu ungelenkig wurden um den Tisch auf der Bank herumzukriechen und die Knie – erst auf dem Platz angekommen –, gebeugt und unter uns selbst, mit den Beinen unter den Tisch zu drehen. Was sollte man das auch machen, wenn die Stühle der Alten langsam frei wurden? An diesen also saßen die – das kann man sagen, denn das tun sie nicht mehr und nie wieder – die uns lehrten die Finger auf genaue Art ineinander zu legen. Und auf genaue Art zu danken. Aber nur in der hellen Küche, vor und nach dem Essen. Im Wohnzimmer gab es Kaffee und Plätzchen. Im Wohnzimmer ist alles hellbraun oder beige, die Gardinen weiß. Für Kaffee und Kuchen musste man sich nie bedanken.

Die Eibe stand gleich vor dem Küchenfenster, und war einfach ein großer Strauchklumpen. Aussen dunkelgrün und nadelig dicht und sehr lange rund gehalten durch den Schnitt des Gärtners. Insgesamt wie die Form einer Ananas, ohne Strunk. Drinnen war sie trocken und braun und die Äste liefen wie in manchen runden Treppenhäusern, wie versetzte Stufen. Sie waren aber zu dünn um da hochzuklettern. Also blieb man unten stehen und guckte hoch. Als ich größer wurde interessierte mich das nicht mehr, was man da sehen konnte, ausserdem kam ich nicht mehr durch diese Stelle in die Eibe. Passte nicht mehr dadurch, meine Haare hätten sich einfach nur um die Äste gewickelt und alle Nadeln hätten gekratzt, rote Spuren hätte es gegeben, mit weißer Schürfung drumrum, es wäre schrecklich gewesen. Jetzt gibt es diese Eibe nicht mehr, dafür noch mehr Licht in der Küche. Wenn Fotos gemacht wurden, beispielsweise auf Konfirmationen oder Taufen, dann stellte man sich meist für das Motiv vor diese Eibe, und danach noch mal vor die Schieferwand. Väter halten ihre Töchter oft ganz seltsam im Arm auf solchen Bildern, wie blanke Schiffchen und als ob sie ihren Armen nicht trauen.






Dienstag, 17. Juli 2012


Ich halte nichts in den Händen, meine Arme sind nicht verschränkt. Lux sieht mich glasig von der Seite an, ich habe den Kopf abgewendend und tue uns damit einen großen Gefallen. Lux versucht nicht einmal mich zu verletzen, sondern probiert so etwas ähnliches wie gnadenlose Ehrlichkeit. Ich gehe an den anderen Gästen vorbei in den Garten und weiß dort auch nichts anzufangen ausser auf meinem Telefon rumzuwischen. Dabei wähle ich aus Versehen die Nummer meines Vaters. Ich kann immer noch nicht richtig mit dem Ding umgehen. Mit meinem Vater auch nicht. Wir reden nur kurz und dabei fächere ich die Finger zum stillen Gruß an eine schwarze Palme, die genauso zurückfächert. Es ist nicht schlimm kalt, sie haben trotzdem Heizstrahler unter den Sonnenschirmen aufgestellt. Die Menschen darunter sind alle rot-orange. Die Pflanzen des Gartens auf den Unterseiten grün, sonst schwarz. Auf dem Hinweg habe ich gesehen, wie Lux versucht hat Anne einzuholen. Er hat sie dabei immer wieder dasselbe gefragt, und ist ihr dabei mit seiner Hand beschwörend von den Schulterblättern zum Steiß gefahren. Ich muss mich hüten ihm zu sagen, was ich dazu denke. Die Braut bauscht sich auf einem für den Reifrock viel zu schmalen Stuhl. Dahinter wogen die nassen Büsche. Johannes erzählt mir von einem Freund, der anderen Menschen Energie durch die Augen aussaugt, während im Hintergrund das Hochzeitsalbum rumgereicht wird. Die Musik im Festraum ist sogar ganz gut. Wir sind noch nicht Mal zwei Stunden da, als Lux mir am Buffet das Pflaster vom Kinn reisst, um es Sekunden später wirklich zu bereuen, mit seinen Händen in den Sakkotaschen. »Versuche doch einmal« sagt er »dich in Zukunft etwas zurückzunehmen.« Ich gehe wieder raus, unter einen dieser Heizstrahler, um zu gucken wie meine Wunde das orange Licht findet. Und um nicht auszuflippen.

Schaffst du es noch ein bisschen? Nein? Wieviel noch bis überhaupt nicht mehr? Machst du uns Tee? Ich setze mich hier rüber, wir sind auch ganz still. Lieber lustig? Oke, dann das. Ich verlege lauter blaue Dinge in letzter Zeit, verstehe ich garnicht. Können wir vielleicht keine Musik hören und das große Licht auslassen? Ich weiß nicht wo dein Stift ist, jedenfalls nicht hier im Raum. Ich hab nämlich keine Lust ihn dir zu suchen, daran merke ich das. Dein Buch ist ein bisschen kaputtgeregnet – gut, dass es dich nicht schert. Kann es sein, dass du ganz schön schwimmst gerade? Dass du hoffst, das möge bald vorbeigehen? Meine Brüder haben mich manchmal an den Füssen nach unten gezogen, oder mir den Kopf unter den Spiegel gedrückt. Ich schwimme nicht gerne. Und in Schwimmbädern hören sich manche Geräusche wie aus dem Schiff einer Kirche an, mit den Bänken unter Wasser. Letzte Woche war Sperrmüll in meinem Viertel. Davon blieb so eine Antwort-Karte eines Kinderspiels auf dem Asphalt liegen. Stell dir vor, du fährst wirklich nach Lourdes, wegen der Fotos von den Madonnen. Dann nimmst du mich aber mit, ja? Auf der Vorderseite der Krte waren zwei gleich aussehende Männchen drauf. Oder dasselbe Männchen zweimal. Stell dir vor in Lourdes: da wären dann all die Alten und Kranken, gutes Wetter, Olivenbäume und Mirabellen. Nein, es wäre bestimmt nicht deprimierend. Es bestünde ja auch immer die Möglichkeit, wir würden da ein Wunder erfahren. Wir kämen geheilt wieder. Ich, zum Beispiel, bräuchte nie wieder ein Pflaster. Doch! Eben weil wir nicht mit Wundern rechnen, so funktionieren die ja. Deshalb würden auch nur wir eins bekommen. Auf der Rückseite der Karte stand Etwas in diesem Zimmer. Als ich sie fand, stand der Satz noch komischer da. Sie lag ja auf der Straße, und eine Straße ist ja kein Zimmer. Sie war ein bisschen kaputtgeregnet. So wellig wie die Fotos, die ich damals auf der Strasse fand und dir mitgebracht habe. Noch bevor ich dich um deine Freundschaft gebeten habe. Damit hattest du ja auch nicht gerechnet.





Montag, 9. Juli 2012


In Sütterlin 

Wir sitzen krumm am Küchentisch,
Sandi bequem gekleidet. Der Himmel: ballonseidig, knitterig; 
die Türen schlagen, bis wir sie schliessen.
Wir schreiben Rechnungen und Liebesgedichte.
Es sind an Stühlen im Raum: blöde, viele –
genug Platz für erschwingliches Trübsal.

Stünden wir besser doch aufrecht, in den Kleidern unserer Jugend. 
Ein halber Mond als Zeuge, und meinetwegen noch Sterne.
Hätten wir mehr doch zu fordern, und weniger zu flehen.
Würde der Dumme doch ausziehen, mit samt seinen hässlichen Möbeln.

In Sütterlin, there lies a certain power,
and we seem able to predict the future,
aber immer nur  1-2 Tage.
The air acts as if she's quite wakeful,
wir sollten still sein, und schreiben manierlich:

Dein Name, blitzend und flimmernd.
In den Himmeln, die uns gebühren
von Windhuk bis Kopenhagen.
Leuchtend – vielleicht noch 2 Tage,
kurrent geschrieben: